
SEC hebt siebenjähriges Verbot für Schweizer Vermögensverwalter auf und öffnet die Tür für amerikanische Investoren
SEC beendet siebenjährige Blockade für Schweizer Vermögensverwalter und setzt Milliarden an Investitionsflüssen frei
In einem holzgetäfelten Besprechungsraum mit Blick auf den Genfersee entkorkte Thomas, Geschäftsführer einer mittelgroßen Schweizer Vermögensverwaltungsfirma, eine Flasche Champagner mit seinem Führungsteam. Nach sieben Jahren regulatorischer Ungewissheit, die seine Firma vom Zugang zu US-Kunden abhielten, hatte die SEC gerade bekannt gegeben, dass sie die Bearbeitung von Anträgen Schweizer Anlageberater, die sich in den Vereinigten Staaten registrieren lassen wollten, wieder aufnehmen werde.
„Wir hatten unseren Antrag seit 2019 bereit“, sagte Thomas, dessen Firma etwa 3 Milliarden Schweizer Franken verwaltet. „Das ist transformierend für unsere Geschäftsstrategie.“
Die Entscheidung der US-amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde SEC vom Dienstag, ihr Moratorium für Anträge Schweizer registrierter Anlageberater (RIAs) aufzuheben, stellt einen Wendepunkt für die 2,9 Billionen US-Dollar schwere Vermögensverwaltungsbranche der Schweiz dar. Der Durchbruch beendet eine Pattsituation, die 2018 begann, als Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes, der regulatorischen Zuständigkeit und der Prüfverfahren den amerikanischen Markt für neue Schweizer Marktteilnehmer effektiv abriegelten.
„Ein juristischer Mantel nach Schweizer Recht für die SEC-Praxis“
Fast ein Jahrzehnt lang fanden sich Schweizer Vermögensverwalter zwischen inkompatiblen Regulierungsregimen gefangen: Amerikanische Regulierungsbehörden forderten uneingeschränkten Zugang zur Prüfung von Büchern und Aufzeichnungen, und Schweizer Gesetze untersagten die direkte Übermittlung von Finanzdaten an ausländische Behörden.
Diese Pattsituation schuf ungleiche Wettbewerbsbedingungen, bei denen etwa 65 Schweizer Firmen mit Bestandsschutz weiterhin US-Kunden betreuten, während neuere Wettbewerber ausgeschlossen waren.
Die am Dienstag angekündigte Lösung basiert auf einem zweigliedrigen Rechtsrahmen, den die FINMA, die Schweizer Finanzaufsichtsbehörde, mit der SEC ausgehandelt hat. Der Mechanismus nutzt Artikel 42c des Schweizer Finanzmarktaufsichtsgesetzes, der die direkte Übermittlung von Informationen an ausländische Behörden unter bestimmten Bedingungen erlaubt, und Artikel 43, der Vor-Ort-Inspektionen durch ausländische Aufsichtsbehörden auf Schweizer Boden regelt.
„Das Protokoll ist im Wesentlichen eine Umschreibung der standardmäßigen SEC-Prüfpraxis nach Schweizer Recht“, erklärte ein in Genf ansässiger Regulierungsanwalt, der aufgrund von Kundenvertraulichkeit Anonymität wünschte. „Es erfüllt Washingtons Prüfanforderungen, ohne Schweizer Manager zur Verletzung lokaler Geheimnisvorschriften zu zwingen, und löst damit das zentrale rechtliche Paradoxon, das die Pipeline blockierte.“
Goldene Flut: 70 Milliarden US-Dollar stehen bereit für die SEC-Sichtbarkeit
Brancheninsider schätzen, dass etwa 40 Schweizer Vermögensverwaltungsfirmen Anträge in der Warteschleife haben, teilweise seit Jahren. Beim derzeitigen Durchschnitt von 1,7 Milliarden US-Dollar an verwalteten Vermögenswerten pro Schweizer RIA repräsentiert dieser Rückstau etwa 70 Milliarden US-Dollar an Vermögenswerten, die innerhalb von 9 bis 12 Monaten für die SEC „sichtbar“ werden könnten.
Die längerfristige Auswirkung könnte erheblich größer sein. Unter den 230 von der FINMA lizenzierten Schweizer Vermögensverwaltern mit mehr als 2 Milliarden CHF verwalteten Vermögenswerten prognostizieren Branchenanalysten, dass 50 bis 60 weitere Firmen in den nächsten 24 Monaten eine Registrierung anstreben könnten. Dies könnte den Gesamtzustrom bis 2027 auf 150 bis 180 Milliarden US-Dollar bringen.
„Obwohl signifikant, macht dies immer noch weniger als 2 % des 11 Billionen US-Dollar schweren RIA-Universums in den Vereinigten Staaten aus“, bemerkte ein leitender Anlagestratege einer großen Schweizer Bank. „Aber für Schweizer Vermögensverwalter, die sich auf sehr vermögende Kunden spezialisiert haben, öffnet dies ein entscheidendes Marktsegment wieder.“
Der Compliance-Spießrutenlauf: Nicht alle werden es schaffen
Trotz des regulatorischen Durchbruchs bleibt der Weg zur SEC-Registrierung kostspielig und komplex. Die Prüfungsstandards werden die vollständigen US-amerikanischen Regulierungsanforderungen mit den bestehenden Schweizer Aufsichtsregeln kombinieren, was eine potenziell entmutigende Compliance-Belastung schafft.
Kleine Boutique-Firmen könnten laut Marktschätzungen aufgrund zusätzlicher Compliance-Ausgaben mit einer Belastung ihrer Gewinnmargen von 30 bis 50 Basispunkten rechnen. Dies beinhaltet einmalige Rechtsausgaben von über 300.000 US-Dollar für den ersten Prüfzyklus, wiederkehrende Cybersicherheitsanforderungen und neue Aufzeichnungspflichten gemäß den US-Marketingregeln.
„Die großen Universalbanken wie UBS haben einen Frühstartervorteil“, sagte ein Investmentanalyst, der sich auf Finanzinstitute spezialisiert hat. „Sie können etablierte US-Niederlassungsinfrastruktur, interne Rechtsteams nutzen und fixe Compliance-Kosten auf eine viel größere Ertragsbasis amortisieren.“
Für kleinere Firmen könnten wirtschaftliche Gründe zu Konsolidierung führen. „Viele Boutiquen werden dies lösen, indem sie sich Multi-Berater-Plattformen anschließen oder Anteile an größere Wettbewerber verkaufen“, prognostizierte ein in Zürich ansässiger Vermögensverwaltungsberater. „Wir sehen bereits erste M&A-Gespräche.“
Versteckte Gewinner: Das „Picks-and-Shovels“-Prinzip
Während sich die Schlagzeilen auf die Schweizer Banken selbst konzentrieren, suchen anspruchsvolle Investoren zunehmend nach den Infrastrukturanbietern, die diese regulatorische Verschiebung ermöglichen.
„Kaufen Sie die Spitzhacken und Schaufeln, nicht die Bergleute“, riet ein Portfoliomanager bei einer globalen Vermögensverwaltungsfirma. „Umsätze mit Compliance-Software-as-a-Service und Regulierungstechnologie sind stabil und global.“
Unternehmen wie FundApps, ACA Group und der in Zürich ansässige Newcomer ComplyNow verzeichnen eine stark steigende Nachfrage. Anwaltskanzleien mit Expertise in sowohl Schweizer als auch US-amerikanischen Regulierungsregimen stellen einen weiteren Engpass dar, wobei die Tageshonorare angeblich um 20 % im Jahresvergleich gestiegen sind.
Diese „Begünstigten zweiter Ordnung“ könnten ein saubereres Aktienkurspotenzial liefern als der im Vordergrund stehende „Schweizer Banken“-Handel, der bereits Konsens ist, so eine Research-Note einer großen Investmentbank.
Bewertungsauswirkungen: Premium-Potenzial
Gelistete Schweizer Vermögensverwalter wie Vontobel, GAM und Partners Group könnten vom erweiterten adressierbaren Markt profitieren. Finanzanalysten prognostizieren einen potenziellen Anstieg des organischen Nettoneugeldwachstums um 2-3 Prozentpunkte für 2026-27, was etwa dem 0,5-fachen des zukünftigen Unternehmenswerts im Verhältnis zum EBITDA entspricht, bei Annahme von 25 % inkrementellen Margen.
Für Schweizer Banken scheint die Auswirkung auf den Anleihenmarkt neutral zu sein, obwohl einige Rentenstrategen warnen, dass das erweiterte Durchsetzungsmandat der FINMA – einschließlich potenzieller Geldstrafen und Rückforderungen – die Spreads von Additional Tier 1-Anleihen in den kommenden Monaten um 5-10 Basispunkte ausweiten könnte, da Händler das Risiko des „Schweizer Exzeptionalismus“ neu bewerten.
Die Private-Capital-Landschaft könnte die dramatischste Umgestaltung erleben, da US-amerikanische Family-Office-Plattformen, die ein Engagement in Schweizer Franken suchen, nun einen klareren regulatorischen Weg haben, Minderheitsbeteiligungen an Schweizer Vermögensverwaltern zu erwerben.
Sturmwolken am Horizont
Trotz des Durchbruchs weisen Marktteilnehmer auf mehrere Risiken hin, die den neu eröffneten Kanal noch stören könnten:
Ein im April 2025 unterbreiteter SEC-Vorschlag könnte die Schwelle für die Vermögensverwaltung für die Bundesregistrierung von 100 Millionen US-Dollar auf 175-200 Millionen US-Dollar anheben. Dies würde kleinere Schweizer Antragsteller zwingen, stattdessen staatliche Registrierungen anzustreben, möglicherweise nachdem sie erhebliche Kosten für die Vorbereitung auf die SEC-Aufsicht auf sich genommen haben.
Der Schweizer Kundendaten-Datenschutz bleibt in US-Gerichten weitgehend ungetestet. Die erste Klage, die die Grenzen der US-Discovery gegenüber den Schweizer Geheimnisgesetzen in Frage stellt, könnte bereits 2026 auftreten, wobei die Ergebnisse